
Stellen Sie sich vor, Sie kaufen ein Schweizer Taschenmesser mit 150 Funktionen. Sie wollten eigentlich nur einen Korkenzieher und eine Klinge. Jetzt haben Sie ein unhandliches Monstrum in der Tasche, finden den Korkenzieher nicht mehr und schneiden sich ständig am integrierten Fisch-Entschupper. Willkommen in der Realität vieler ERP-Systeme in Schweizer KMU.
Wir ERP-Berater haben jahrelang gepredigt: “Mehr ist mehr!” Mehr Module, mehr Features, mehr Integrationen. Doch was, wenn das Gegenteil wahr ist? Was, wenn das wertvollste ERP-Projekt, das Sie in den nächsten 12 Monaten angehen können, nicht die Einführung eines neuen Moduls ist, sondern die radikale Verkleinerung Ihres bestehenden Systems?
Dieser Beitrag ist ein Plädoyer für den ERP-Minimalismus. Eine provokante Idee, die Ihnen Ihr Systemhaus vielleicht nicht vorschlagen wird – die aber Ihr Unternehmen agiler, Ihre Mitarbeiter zufriedener und Ihre Bilanz gesünder machen kann.
“Feature-Bloat” – die Überladung mit ungenutzten Funktionen – ist eine stille Epidemie. Sie beginnt schleichend: Ein neues Modul für eine Nischenanforderung hier, eine Sonderanpassung für eine einzelne Abteilung da. Über Jahre wächst Ihr einst schlankes ERP zu einem Labyrinth aus Menüs, duplizierten Reports und verwirrenden Prozessen.
Die Symptome sind eindeutig, werden aber oft als “normal” abgetan:
Die bittere Wahrheit ist: Diese Komplexität ist oft kein Versehen, sondern ein Geschäftsmodell. Wie der Analyst Chris Sperandio treffend bemerkt, ist “ERP-Komplexität kein Bug, sondern das profitabelste Feature, das je entwickelt wurde.” Endlose Anpassungen und teure Beraterstunden sind die Folge. Doch Sie müssen dieses Spiel nicht mitspielen.
Das Pareto-Prinzip, auch bekannt als die 80/20-Regel, besagt, dass 80% der Ergebnisse mit 20% des Gesamtaufwandes erreicht werden. Übertragen auf Ihr ERP-System bedeutet das: Ein Fünftel Ihrer ERP-Funktionen erzeugt vier Fünftel des tatsächlichen Geschäftsnutzens.
Der Rest? Ballast. Komplexität, die Ihre besten Mitarbeiter frustriert und Geld verbrennt. Der ERP-Minimalismus zielt darauf ab, genau diese 20% zu identifizieren, zu perfektionieren und den Rest radikal zu hinterfragen.
Stellen Sie sich und Ihrem Team diese schonungslosen Fragen:
Die Antworten auf diese Fragen sind der Kern Ihres Geschäfts. Alles andere ist ein Kandidat für die Streichliste.
Ein ERP zu “entrümpeln” ist kein technisches, sondern ein strategisches Projekt. Es erfordert Mut und Konsequenz. Hier sind die vier entscheidenden Schritte:
Nutzen Sie System-Logs oder befragen Sie Ihre Mitarbeiter: Welche Funktionen wurden in den letzten 6 Monaten nicht ein einziges Mal aufgerufen? Welche Reports wurden nie generiert? Erstellen Sie eine “Abschussliste” für alles, was ungenutzt Staub ansetzt.
Hören Sie auf, in Modulen zu denken. Malen Sie Ihre Kernprozesse auf ein Whiteboard – von der Offerte bis zur Zahlung. Welche Schritte sind wirklich nötig? Welche Schleifen und Umwege sind nur dem System geschuldet? Ein schlankes ERP folgt dem Prozess, nicht umgekehrt. Eine saubere ERP-Einführung legt genau hierfür den Grundstein.
Das ist der schwierigste Schritt. Deaktivieren Sie testweise ein Modul, von dem Sie glauben, dass es niemand braucht. Wenn nach vier Wochen niemand schreit, schalten Sie es endgültig ab. Ja, vielleicht braucht eine Person dieses eine Feature einmal im Jahr. Aber die gewonnene Übersichtlichkeit für 99% der Mitarbeiter ist diesen Verlust wert.
Ein schlankes ERP bleibt nur schlank, wenn Sie “Nein” sagen lernen. Etablieren Sie einen klaren Prozess für neue Funktionswünsche. Die zentrale Frage muss immer lauten: “Hilft dieses Feature, einen unserer Kernprozesse für die Mehrheit der Nutzer einfacher, schneller oder besser zu machen?” Wenn nicht, lautet die Antwort “Nein”.
ERP-Minimalismus bedeutet nicht, auf wichtige Funktionen zu verzichten. Es bedeutet, sich bewusst für die Funktionen zu entscheiden, die Ihr Unternehmen wirklich voranbringen. Es ist der Abschied von der Illusion, dass eine Software alle Probleme lösen kann, und die Hinwendung zu einem Werkzeug, das perfekt auf Ihre Kernprozesse zugeschnitten ist.
Ein System wie Microsoft Dynamics 365 Business Central bietet die Flexibilität, genau das zu tun: Starten Sie schlank und fügen Sie nur hinzu, was Sie wirklich brauchen. Ein ehrlicher Partner wird Ihnen nicht das grösstmögliche Paket verkaufen, sondern mit Ihnen gemeinsam die schlankeste und schlagkräftigste Lösung für Ihr KMU finden.
Trauen Sie sich, Ihr grösstes IT-Projekt zum kleinsten zu machen. Ihr Team und Ihr Bankkonto werden es Ihnen danken.

Mit der Checkliste von redPoint starten Sie optimal in ein erfolgreiches ERP-Projekt.
Jetzt herunterladen